Retro:Phreaks&Hacker
Hacker gibt es, seit es Computer gibt. Aber erst in den letzten Jahrzehnten entwickelte sich aus dem subversiven Treiben in gesetzlichen Grauzonen eine kriminelle Szene.
Spielplatz der ersten Hacker Anfang der 70er ist das Telefonnetz von AT&T. Eine kleine Schar experimentierfreudiger „Phreaker" (Wortschöpfung aus Phone, Fre-ak und Hacker) verschafft sich Konferenzschaltungen und kostenlose Ferngespräche - zunächst unbemerkt.
Freaks mit Flöten
Phreaker-Ikone ist der Ingenieur John Draper, genannt „Cap'n Crunch". Auf dem Boden einer Schachtel der gleichnamigen Frühstücksflocken wartet als Beigabe eine kleine Plastikflöte. Verschließt man ihr drittes Loch, so pfeift sie mit einer Frequenz von 2600 Hertz.Allein mit diesem Ton kann man beispielsweise eine Telefonvermittlung austricksen. Die Hacker-Newsgroup „alt.2600" trägt noch heute die Frequenz im Namen.
Später helfen selbst gebaute Blue Boxes, die mit generierten Tonfolgen Zusatzdienste freischalten. Steven Wozniak, später der Gründer von Apple, erlernt die Kunst des Blueboxing von Cap'n Crunch. Er finanziert mit dem Verkauf der Geräte sein Studium und danach seine erste Garagenfirma. John Draper hat weniger Glück nachdem die Phreaker auffliegen, muss er 1976 für vier Monate ins Gefängnis.
Globalisierung
Mit dem weltweiten Siegeszug der IBM-PCs und der Mutation des militärischen Arpa-net zum Internet beginnen die goldenen Jahre der Hackerszene. Ihr Territorium be schränkt sich nicht mehr auf Telefonnetze und Mailboxen. - die globale Vernetzung macht unsichere Systeme weltweit zum Angriffsziel. Ein spektakulärer Fall ist 1989 der Einbruch einer deutschen Hackergruppe um Karl Koch in einen Server des US-Militärs - im Auftrag des sowjetischen KGB.
Protest: Mitte der 90er war die Szene gegen dieVerhaftungvon Kevin Mitnick.
Null Toleranz
Der Spaß einiger Freaks wird bitterer Ernst, nachdem das kommerzielle Interesse am Internet wächst. Auch Hacker denken ans Geldverdienen. 1994 gelingt einer russischen Hackergruppe ein digitaler Bankraub. Der Citibank kommen 10 Millionen Dollar abhanden. Einige Jahre später wird der Student Vladimir Levin als Drahtzieher in London verhaftet, und ein ganzes weltweites Netzwerk von Überweisungsempfängern fliegt auf.
Kevin Mitnick ist als erster Hacker auf einem „Most Wanted"-Plakat des FBI zu sehen. Seine Einbrüche in Firmennetzwerke,und der Download von 20.000 Kreditkarten-Nummern führen 1995 ebenfalls zur Verhaftung. Sie gerät zum Politikum: Mitnick sitzt vier Jahre in U-Haft, bevor es zum Pro-zess kommt. Die Szene ist empört und startet die Kampagne „Free Kevin". Mitnicks Haftstrafe fällt schließlich kaum länger aus als die bereits abgesessene Zeit: 2000 kommt er aus dem Gefängnis, allerdings mit der Auflage, keine Computer und Mobiltelefone anzufassen. Dies soll ihn von einer diagnostizierten Computersucht heilen.
Verantwortung versus Vandalismus
Die Szene ist heute gespalten. „Hacker" haben sich dem verantwortungsbewussten Umgang mit Sicherheitslücken verschrieben.-Sie wollen die Betreiber der betroffenen Systeme warnen. „Cracker" hingegen betreiben schlicht Vandalismus. Die beiden verfeindeten Gilden müssen wegen immer schärferer Gesetze mit schweren Strafen rechnen. Vor den Sicherheitsmängeln selbst schützt der Arm des Gesetzes jedoch nicht. Oft ist es nur der ungebrochenen Neugier der Hacker zu verdanken, dass Sicherheitsprobleme ans Licht kommen.
Quelle:PC-WELT
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