Scheußlichstes Verbrechen der Nachwendezeit

  • FRANKFURT (ODER). 15 Jahre saß er hinter Gittern. Burkhardt M. hatte seine volle Haftzeit im Gefängnis verbracht und sich schon eine Wohnung gesucht. Doch dann kam für den verurteilten Mörder alles anders. Die Staatsanwaltschaft beantragte die nachträgliche Sicherungsverwahrung des 45-Jährigen, da der noch immer als gefährlich gilt. Darüber verhandelt seit gestern das Landgericht Frankfurt (Oder).

    Nachdem zwei derartige Anträge in Brandenburg gescheitert sind, könnte es im Fall Burkhardt M. anders ausgehen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Gericht nach dem Mitte April in Kraft getretenen neuen Paragrafen urteilt, mit dem eine Gesetzeslücke geschlossen wurde. Anders als bisher reichen für die Verhängung der Sicherungsverwahrung nun Tatsachen aus, die bereits zurzeit der Verurteilung bekannt waren. Burkhardt M. konnte damals nicht zu einer Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt werden, weil laut Einigungsvertrag für Verbrechen, die vor August 1995 auf dem Gebiet der Ex-DDR geschahen, keine solche Unterbringung nach der Haftverbüßung erfolgen durfte.

    Burkhardt M. hat sich in seinem Leben schon einiges zuschulden kommen lassen. Er klaute und fuhr ohne Führerschein. 1990 band er seinen Bernhardiner an die Stoßstange seines Wagens und schleifte das Tier zu Tode. Zwei Jahre später beging er eines der wohl scheußlichsten Verbrechen der Nachwendezeit. In der Nacht zum 30. April 1992 schlich der Mann in Neulewin bei Frankfurt (Oder) in das Haus einer jungen Nachbarin, deren Mann nicht daheim war. Er wollte mit Christine W. Geschlechtsverkehr, doch die Frau wies ihn ab. Burkhardt M., der von sich sagte, er könne jede Frau bekommen, wurde gewalttätig. Er schlug auf Christine W. ein, bedrohte sie mit einem Messer. Dann, so steht es im Urteil von damals, habe er den Entschluss gefasst, die junge Mutter zu töten. Er hieb "wuchtig und mehrfach" vermutlich mit einer Brechstange auf sie ein, traf unter anderem die Herzkammer. "Von anhaltendem Zorn getrieben" zertrümmerte er mit einer Axt den Kopf der Frau. Durch den Lärm war der dreijährige Sohn erwacht. Burkhardt M. nahm das schreiende Kind an den Beinen und schleuderte es mit dem Kopf so lange an eine Wand, bis es tot war. So wollte er einen möglichen Tatzeugen beseitigen, heißt es im Urteil.

    Anschließend verfiel der Mann in einen regelrechten Blutrausch. Er verging sich an der Leiche der Frau. Dann fuhr er nach Hause, stopfte seine Kleider in die Waschmaschine und verbrannte die Schuhe. Nur Stunden später wurde Burkhardt M. festgenommen. Er hängte gerade die Sachen auf, die er in der Nacht vom Blut gereinigt hatte.

    Im Juni 1993 wurde er wegen Mordes und Totschlags zu 15 Jahren Haft verurteilt. Es war ein Indizienprozess. Burkhardt M. hat die Tat nie gestanden und noch im Gefängnis geleugnet. Er soll schon kurz nach der Inhaftierung gedroht haben, zwei ermittelnde Polizeibeamte "plattzumachen", wenn er erst rauskomme. Das soll er einem Mitgefangenen, dem er auch die Tat gestanden hat, gesagt haben. Diese Drohung und die neuen Gutachten, die von einer hohen Rückfallgefahr bei M. ausgehen, sind Grundlage für den Antrag auf nachträgliche Sicherungsverwahrung.

    "Er hat mir scheibchenweise erzählt, was damals passiert ist" sagte Helga N. vor Gericht. Die 61-Jährige hat 1994 - vor einer Geschlechtsumwandlung - mit Burkhardt M. den Haftraum geteilt. Er habe ihr auch gesagt, dass er sich an den Polizisten rächen wolle. Ein zweiter Zeuge, der aus dem Gefängnis vorgeführt wurde, mochte sich an Gespräche, in denen Burkhardt M. Drohungen ausgesprochen hat, nicht mehr erinnern. Obwohl er ein Protokoll mit entsprechenden Aussagen selbst unterschrieben hat.

    Gefängnispsychologin Jasmin R. sagte, Burkhardt M. sei nur einmal in der Haft ausgerastet. 2004 habe er gesagt, im Falle einer nachträglichen Sicherungsverwahrung würde er sich ein Messer besorgen und die Bediensteten bedrohen.

    Die beiden psychiatrischen Gutachter werden vermutlich erst zu Prozessende am 10. Mai gehört. Darunter Andrea Six, die einst als Chefärztin des Maßregelvollzugs Neuruppin dem Schwerverbrecher Frank Schmökel Lockerungen gewährt hatte - mit fatalen Folgen.

    Der Anwalt von Burkhardt M., Matthias Schöneburg, sagte, er sehe keinen Grund für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung. Denn vor drei Wochen habe ein Amtsgericht seinen Mandanten vom Vorwurf der Bedrohung der beiden Polizisten freigesprochen.

    Berliner Zeitung, 04.05.2007

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