Putin zum Rest der Welt...

  • Mit scharfen Angriffen auf die USA hat der russische Präsident Wladimir Putin die Teilnehmer der Münchner Sicherheitskonferenz überrascht. Militärisches Abenteurertum, ausufernde kriegerische Gewalt und Missachtung des Völkerrechts hätten die Welt gefährlicher gemacht: "Niemand fühlt sich sicher", sagte Putin am Samstag vor führenden Politikern aus 40 Staaten. "Es gibt nicht weniger, sondern viel mehr Kriege seit dem Ende des Kalten Krieges." Diese Politik heize das Wettrüsten an und lasse einiger Länder nach Atomwaffen streben. Die USA zeigten sich "enttäuscht" über die Vorwürfe des Präsidenten.

    Aber Bush "anständiger Mann"
    Putin zeigte sich auch "beunruhigt" über die US-Pläne zur Stationierung einer Raketenabwehr in Mitteleuropa. Er drohte, Russland werde notfalls militärisch gegen das US-Raketenabwehrsystem halten: "Wir haben Waffen, die dieses System überwinden können." Die russischen Waffen seien derzeit nicht gegen die USA gerichtet. Trotz seiner Kritik bezeichnete Putin aber US-Präsident George W. Bush als "anständigen Mann" und als "Freund". Mit Bush könne man verhandeln.

    Auch Kritik an EU
    Putin forderte auch eine Stärkung der Vereinten Nationen bei globalen Konfliktlösungen. "Wir sollten die UNO weder durch die NATO noch durch die EU ersetzen." Auch die EU-Staaten griff Putin an: Während in diesen Ländern gegen die Todesstrafe selbst gegen Mörder polemisiert werde, seien sie bereit, "jederzeit zu bombardieren und zu schießen", auch wenn dabei Tausende Unschuldige ums Leben kämen.

    Warnung vor Isolierung Teherans
    Putin äußerte sich besorgt über das iranische Atomprogramm, forderte aber Geduld und warnte vor einer Isolierung Teherans. Der iranische Atom-Unterhändler Ali Larijani beteuerte, das Atomprogramm seines Landes sei friedlich. Auch in der Kosovo-Frage ging Putin auf Gegenkurs zur EU. Russland werde keine Lösung unterstützen, der Serbien nicht zustimme, sagte er. Serbien hat den Plan des UNO-Vermittlers Martti Ahtisaari abgelehnt, den Kosovo unter Kontrolle der EU in die Eigenständigkeit zu entlassen.

    Breiter Protest
    Der russische Präsident, der die Konferenz am Samstagnachmittag wieder verließ, stieß mit seiner Rede auf breiten Protest. Die USA zeigten sich enttäuscht über die schweren Vorwürfe. "Wir sind über die Bemerkungen von Präsident Putin überrascht und enttäuscht. Seine Vorwürfe sind falsch", sagte in Washington der Pressesprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Gordon Johndroe.

    Auch NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer nannte die Aussagen sie "enttäuschend und wenig hilfreich". "Wer kann sich denn um Himmels willen Sorgen machen, wenn Demokratie und Rechtsstaatlichkeit näher an die eigenen Grenzen rücken?" fragte er in seiner Rede. Der republikanische US-Senator und möglicher Präsidentschaftskandidat John McCain sagte: "In der heutigen multipolaren Welt gibt es keinen Platz für sinnlose Konfrontationen." Der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung gab sich ausgleichend und forderte einen verstärkten Dialog über die Raketenabwehr, um die russischen Bedenken auszuräumen.

    Bereits zuvor hatte NATO-Generalsekretär De Hoop Scheffer am Rande der Konferenz gesagt, es gebe keinen Zusammenhang zwischen der Stellungnahme des russischen Präsidenten und dem, was die NATO tue. Die Erweiterung der Verteidigungsallianz geschehe nicht auf Kosten irgendeines anderen Partners. "Die Staaten, die Mitglied im Club der Demokratien sein wollen, treten ihm aus freien Stücken bei."

    Rede von Merkel
    Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Russland und die USA zuvor aufgefordert, den Streit über den Raketenschutzschild im Dialog beizulegen. Es sei immer besser, im Gespräch zu bleiben und nicht gegeneinander zu reden, sagte die Kanzlerin, deren Land derzeit die Präsidentschaften der EU und der sieben größten Industriestaaten und Russlands (G-8) inne hat. "Das hat uns noch nie genutzt, so zu tun, als wäre man nicht in hohem Maße aufeinander angewiesen in dieser Welt."

    Der Sprecher Putins, Dmitri Peskow, betonte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag, die Rede des Präsidenten solle zeigen, dass das Land auf Grund seiner gewachsenen Rolle auf der Weltbühne Anspruch auf Mitsprache erhebe. "Wir wollen mitsprechen und die UNO stärken." Die Rede sei zwar ein Alarmruf gewesen, sie markiere aber nicht eine neue Eiszeit: "Es geht nicht um Konfrontation, sondern um Sorge."

    signatur_ami-01.jpg

    Respect the Scene, Respect their Work !

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!