Zweiter Prozess gegen Saddam Hussein

  • Bagdad (AP) Der irakische Expräsident Saddam Hussein muss sich seit Montag in einem zweiten Prozess wegen Völkermordes und Kriegsverbrechen vor Gericht verantworten. Der frühere Machthaber und sechs seiner Mitarbeiter sind wegen einer Militäroffensive im Nordirak angeklagt, die in den 80er Jahren rund 100.000 Kurden das Leben kostete. International bekannt wurde die «Operation Anfal» vor allem durch einen Giftgasangriff auf die Stadt Halabdscha im Jahr 1988. Die Staatsanwaltschaft will die Todesstrafe für die Angeklagten beantragen.
    Verantwortlich für den Einsatz von Senfgas und anderen Nervengiften

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    zeichnete damals Saddam Husseins Cousin Ali Hassan Madschid, genannt «Chemie-Ali». Sowohl Saddam Hussein als auch Al Madschid wird Völkermord vorgeworfen. Ihnen und den anderen fünf Angeklagten werden außerdem Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt.
    Zum Auftakt des Prozesses in Bagdad bekräftigte Saddam Hussein seine Ablehnung des Gerichts. «Dies ist Besatzungsrecht», erklärte er. Den Richtern stellte er sich als «Präsident der Republik und Oberkommandierender der Streitkräfte» vor. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Abdullah al Amiri, ob er sich unschuldig oder schuldig bekenne, sagte der Exmachthaber: «Das würde Bände beanspruchen.» Al Amiri gab daraufhin Anweisung, als Bekenntnis ein «nicht schuldig» in die Akten aufzunehmen. Auch Al Madschid weigerte sich, sich schuldig oder nicht schuldig zu bekennen.

    Die Staatsanwaltschaft warf Saddam Hussein vor, den Befehl zur «Operation Anfal» gegeben zu haben. «Das Ziel war klar - die Menschen in Kurdistan durch Tötungen, erzwungene Migration, Verfolgung und Entzug der persönlichen Freiheiten ins Visier zu nehmen», erklärte der Staatsanwalt.

    Kurdischen Überlebenden zufolge wurden bei der Militäraktion 1987 und 1988 viele Dörfer dem Erdboden gleichgemacht, zahllose junge Männer verschwanden spurlos. Ziel der Aktion war, alle Kurden aus der nördlichen Region entlang der Grenze zum Iran zu vertreiben. Saddam Hussein warf den Kurden damals vor, den Iran im Kampf gegen den Irak zu unterstützen.

    Angeklagt sind außerdem Sultan Haschim Ahmad al Tai, der als damaliger Chef des 1. Heereskorps die Militäraktion durchführte, Sabir al Duri, der frühere Chef des militärischen Geheimdienstes, und der damalige Gouverneur von Mossul, Taher Tawfik al Ani. Bei den beiden anderen Angeklagten handelt es sich um Hussein Raschid Mohammed, den stellvertretenden Leiter von Operationen der irakischen Streitkräfte, und Farhan Mutlak Saleh, den Leiter des östlichen Regionalbüros des Militärgeheimdienstes.

    Während der Verhandlung sollen bis zu 120 Zeugen gehört werden. Die genaue Zahl der Opfer der «Operation Anfal» ist nach Angaben der irakischen Regierung und von Menschenrechtsorganisationen schwer zu bestimmen. Schätzungen reichen von 50.000 bis mehr als 100.000 Toten. Mit dem Angriff auf das Dorf Halabdscha befasst sich der Prozess nicht; er ist Bestandteil getrennter Ermittlungen des Hohen Tribunals.

    Saddam Hussein und sieben Mitangeklagte mussten sich bereits wegen eines Massakers in der Stadt Dudschail nördlich von Bagdad vor Gericht verantworteten, wo 1982 fast 150 Schiiten getötet wurden. In diesem Prozess wird für den 16. Oktober das Urteil erwartet

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