Australien verbietet Sprayer-Spiel

  • Die Regierung Australiens hat als bislang weltweit einzige ein neues Videospiel verboten. Grund ist nicht Brutalität im Spiel - sondern Graffiti. Auch an anderen Fronten gerät die Spieleindustrie erneut unter Druck. Diesmal geht es in Wahrheit um Geld.

    Auf Platz vier der australischen Verkaufscharts für Videospiele steht laut GfK Australia derzeit "GTA: Liberty City Stories" für Sonys PSP, die Mobilversion der berüchtigten "Grand Theft Auto"-Serie. Darin werden Autos gestohlen, verkauft oder für Geld verschrottet, Menschen für Geld erschossen oder in die Luft gesprengt. "Liberty City Stories" hat eine Altersfreigabe für Käufer, die älter als 15 Jahre sind. Die gleiche Kommission, die diese Freigabe festlegte, hat jetzt ein anderes Spiel effektiv verboten: "Marc Ecko's Getting Up: Contents Under Pressure". Weil es Jugendliche dazu bringen könnte, Graffiti zu sprühen. Auch in den USA und Großbritannien war das Spiel deshalb kritisiert worden - aber nicht verboten.

    Dies sei "das erste Mal, dass wir uns geweigert haben, ein Spiel einzustufen, weil es für Verbrechen wirbt", sagte Maureen Shelley, Mitglied der entsprechenden Kommission, dem "Sydney Morning Herald". Das Blatt holte auch die Meinung von Marc Ecko selbst ein, dem Namenspatron des Spiels, der auch ein bekannter Graffitikünstler und erfolgreicher Modeschöpfer ist. Er sei "extrem enttäuscht", dass das Spiel in Australien de facto verboten sei, "ausschließlich auf der Basis der Annahme, dass es irgendwie Graffiti-Delikte fördern könnte."

    Die Entscheidung, dem Spiel keine Alterseinstufung zu erteilen, bedeutet, dass es in Australien nun nicht verkauft, vermietet, vorgeführt oder importiert werden darf. Ziel des Spieles ist, durch kunstvolle Wandmalereien in einer totalitären Science-Fiction-Welt zum Sprayer-König der Stadt aufzusteigen.

    "Als ob Hamlet Rachemorde inspirieren könnte"

    Als New Yorks Bürgermeistern Michael Bloomberg im vergangenen Jahr versucht hatte, eine Promotion-Veranstaltung für das Spiel zu verhindern, war er damit vor Gericht gescheitert. Bei der Veranstaltung sollten unter anderem Modelle von U-Bahn-Zügen von Graffiti-Künstlern dekoriert werden und Bloomberg war der Meinung, dies komme einem Aufruf zum Vandalismus gleich. Der Richter stellte damals fest, dass ein Verbot der Veranstaltung bedeutet hätte, dass "man mit der gleichen Begründung eine Straßenaufführung von Hamlet verbieten könnte, weil die ja Rachemorde inspirieren könnte, ganz zu schweigen von einer Straßenaufführung von König Ödipus."

    "Grand Theft Auto: San Andreas" ist in Australien übrigens nicht verboten - obwohl auch darin Graffiti-Sprühen zu den Aufgaben der Spielfigur gehört, neben Drogenhandel, Autodiebstahl und Auftragsmord. Es ist allerdings erst ab 18 freigegeben.

    Der Hersteller von "San Andreas", Take-Two Interactive, hatte im vergangenen Jahr eine Menge Ärger mit dem Spiel - aber in erster Linie nicht wegen Gewalt, sondern wegen Sex. Im Spiel versteckte, voll bekleidete und ziemlich lächerliche Sexszenen waren durch einen findigen Programmierer freigelegt worden. Es folgte ein moralischer Aufschrei in den USA, der schließlich dazu führte, dass das Spiel die Klassifikation "Nur für Erwachsene" bekam.

    Zweiter Ankläger: Die Aktionäre

    Nun steht Take-Two erneut wegen der Sexszenen vor Gericht - Ankläger sind die eigenen Aktionäre, wie "Cnet.com" berichtet. In einer Sammelklage fordern sie Geld zurück, dass sie ihrer Ansicht nach durch die sogenannte "Hot Coffee"-Mod, die den Pixelssex freilegte, verloren haben. Die Zivilklage folgt der Erklärung eines Staatsanwaltes in Los Angeles, der Take-Two ebenfalls wegen der versteckten Sexszenen vor Gericht bringen will.

    Die Anwaltskanzleien, die den Zivilprozess führen werden, werfen Take-Two allerdings nicht Schweinereien sexueller, sondern geschäftlicher Natur vor. Konkret geht es um Insidergeschäfte mit Take-Two-Aktien. Seit dem Erscheinen von "San Andreas" im Oktober 2004 haben die Anteilsscheine von Take-Two laut "Cnet" 30 Prozent ihres Wertes verloren.

    Sex-Profis wiederum fühlen sich von Take-Two schlecht behandelt und kritisieren "San Andreas" deshalb. Die Prostituierten-Bürgerrechtsgruppe "Sex Workers Outreach Project" (SWOP-USA) fordert Eltern auf, das Spiel nicht zu kaufen, weil Prostituierte darin angeblich vergewaltigt und getötet werden können: "Obwohl SWOP-USA jederzeit vehement gegen alle Formen der Zensur sein wird, ist es uns als besorgten Eltern wichtig, andere Eltern über die möglichen Gefahren für Kinder zu informieren, die extrem gewalttätige Videospiele mit sich bringen", heißt es in einer Mitteilung der Organisation.

    In der Tat kann die Spielfigur in "San Andreas" Prostituierte in ihr Auto einsteigen lassen und mit ihnen auch Sex haben, der durch ein wackelndes Fahrzeug und einige Geräusche angedeutet wird. Eine "Vergewaltigung", wie von SWOP kritisiert, ist allerdings nicht möglich. Richtig ist allerdings, dass auch die Pixel-Prostituierten umgebracht werden können - so wie jede einzelne von Tausenden anderen Figuren in dem Spiel auch.


    Von Christian Stöcker (http://www.spiegel.de)


    quelle : Christian Stöcker (http://www.spiegel.de)

    signatur_tesla-02.jpg
       
    "Computer games don´t affect kids. If Pac-Man affected us, we would all be running around in dark warehouses, munching on magic pills, dancing to repetitive electronic music"

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!