US-FILMMARKT"Todeskampf der Videotheken"

  • Seit Jahren wird in den USA der Tod der Videothek vorhergesagt - nun stehen Branchenriesen wie Blockbuster tatsächlich am Abgrund. Für Web-Rivalen wie Netflix ist das kein Anlass für Triumphgeheul - zu unklar ist, welche Standards und Firmen sich in Zukunft etablieren.


    Der kalifornische Ex-Hippie Reed Hastings wollte die Welt lange Zeit glauben lassen, dass er nicht wusste, was er tat, als er vor neun Jahren auf die Idee für den Online-Video-Versand Netflix kam. Er habe sich nur wieder einmal über die Mahngebühr bei seinem örtlichen Videoverleih geärgert, erzählte er damals gerne, und deshalb nach einem Geschäftsmodell gesucht, bei dem der Kunde so viele Filme so lange ausleihen kann, wie er will.


    Ganz so naiv kann Firmengründer Hastings damals nicht gewesen sein. Das ist schon daran abzulesen, dass er die Firma, die heute 500 Millionen Dollar Umsatz im Jahr macht, Netflix genannt hat.

    Der Name beinhaltet eine Vision. "Wir wollten erst auf dem DVD-Markt stark werden und dann rechtzeitig in den Filmvertrieb über das Internet einsteigen", gibt Hastings denn auch heute zu. "Wir haben damit gerechnet, dass die DVD innerhalb von drei Jahren bedeutungslos wird."

    Es scheint fast so, als habe Hastings die Innovationsrate des elektronischen Unterhaltungsmarktes überschätzt. Sechs Jahre nach dem von ihm prognostizierten Tod der DVD gibt es sogar die gute alte Videokassette noch, auch wenn sie in den letzten Zügen liegt. Der DVD geht es blendend. Und der Direktvertrieb von Videos per Internet kommt nur schleppend in Gang.

    Reed Hastings hat die vergangenen Jahre mit aufreibenden Verdrängungskriegen zugebracht. Insbesondere die etablierte Videoladen-Kette Blockbuster fuhr schwere Geschosse auf, um den Newcomer wieder aus dem Filmverleihmarkt zu boxen. Zuerst bot Blockbuster den gleichen Dienst wie Netflix beinahe 20 Prozent günstiger an. Dann schaffte der Konzern auch noch die leidigen Mahngebühren ab.

    Es klemmt beim Video on Demand

    Inzwischen sieht es so aus, als ginge Blockbuster und den anderen Branchengrößen die Puste aus. Mit besserer Infrastruktur, einer benutzerfreundlicheren Website und einem umfangreicheren Fundus konnte sich Netflix im DVD-Bereich durchsetzen. Blockbuster wirbt weiter mit dem DVD-Vertrieb, ist aber letztlich auf sein traditionelles Geschäft, den guten alten Laden an der Ecke, zurückgeworfen - Blockbuster steht damit für das Modell der VHS-Zeit.

    Und damit offensichtlich auf verlorenem Posten. Als der Magnetband-Vermieter in der ersten Hälfte des letzten Jahres 57,2 Millionen Verluste machte, redete man sich das noch damit schön, dass Hollywood in dieser Zeit keine Produktionen mit Massenappeal gelungen war. Als im dritten Quartal die Verluste auf 491 Millionen anwuchsen, musste der texanische Konzern eingestehen, dass seine Probleme wohl grundsätzlicher Natur sind. Das Web-Magazin "Slate" sieht schon "die letzten Tage von Blockbuster" angebrochen.

    Dafür, dass die Tage von VHS gezählt sind, spricht auch, dass die Blockbuster-Konkurrenz ebenfalls ums Überleben kämpft. Der Blockbuster-Rivale Movie Gallery büßte 2005 beinahe zehn Prozent seines Geschäftes ein. Von den 11,4 Milliarden Dollar, die insgesamt auf dem Heimvideo-Markt umgesetzt werden, kommen nur noch 900 Millionen aus dem Geschäft mit dem Film vom Band. Tendenz fallend.

    Die Zukunft im Home-Entertainment, daran besteht kein Zweifel, liegt im Vertrieb per Netz. Doch wie schon Reed Hastings erfahren musste, klemmt es noch bei der Umstellung des Marktes auf Video on Demand. Die große Bremse auf dem Weg in die schöne neue Unterhaltungswelt ist bislang, dass die Contentprovider noch nicht wissen, wie sie im Internet Geld verdienen können.

    Hollywood möchte weder seine Kinoeinnahmen noch seine DVD-Verkäufe leichtfertig gefährden; die TV-Netzwerke wissen nicht, wie sie für Unterhaltungssendungen im Netz Werbeminuten verkaufen sollen. Doch es wird immerhin experimentiert. Nachdem die Filmindustrie im vergangenen Jahr vor dem Obersten Bundesgericht nicht den gewünschten Erfolg im Kampf gegen die Vertreiber von Kopier-Software erzielen konnte, hat sie sich offenbar für die Offensive entschieden.

    Was wird aus Vingle?

    Ganze Abteilungen sind bei den Hollywood-Studios damit beschäftigt, die Filme für das Netz zu formatieren. Um die Rechte für diese Produkte streiten sich bereits drei große Netz-Anbieter - MovieLink, CinemaNow sowie seit neuestem Vongo, ein Ableger der Kabel-TV Firma Starz.


    Wirklich verbraucherfreundlich sind diese Dienste bislang nicht - Breitband hin oder her. Es dauert noch immer eine halbe Stunde, um einen Film herunterzuladen; und nur Vongo bietet ein Format an, dass es erlaubt, die Videoprodukte vom Computer auf andere Abspielgeräte zu übertragen. Alle diese Dienste warten ängstlich darauf, was Apple wohl als Nächstes tut. Über die iTunes-Website hat Apple bereits drei Millionen Clips für den Video-iPod verkauft, darunter neben Musikvideos TV-Serien und Talk-Shows.

    Im Oktober hat Apple ein Patent für ein Produkt namens Vingle beantragt, das vage als "Telekommunikationsdienst" beschrieben wird. Marktbeobachter mutmaßen, dass dahinter ein umfassendes Medienportal steckt, das in Zukunft den iPod-Besitzer mit Audio- und Videoprodukten aller Art versorgt. Dazu, so wird spekuliert, soll der iPod Breitband- und WiFi-tauglich gemacht werden. Und auf die Idee des iPod-kompatiblen Plasma-TV ist man im Hause MacIntosh vermutlich auch schon gekommen.

    Netflix musste unterdessen seine Pläne für ein Video-on-Demand-Portal mehrfach verschieben. Reed Hastings hatte im Rechtepoker um digitale TV-Sendungen und Filme das Nachsehen gegenüber Vongo. Hastings' Vision von der digitalen Revolution im Video-Entertainment, das ist sicher, wird sich bald bewahrheiten. Wenn das Schicksal es böse mit ihm meint, schaut er jedoch dabei nur zu. Und versucht, solange er kann, seine DVDs an den Mann zu bringen.

    Von Sebastian Moll, New York

    Quelle:spiegel.de
    Link:http://www.spiegel.de/netzwelt/techn…,395649,00.html

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    Lebt in der Liebe,wie auch Christus uns geliebt hat.
      

    [ Epheser. 5,2 ]

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