Merkel zur Kanzlerkandidatin gekürt
Angela Merkel ist die erste Kanzlerkandidatin in der Geschichte der Bundesrepublik: Die Union habe die CDU-Chefin in der gemeinsamen Präsidiumssitzung "einmütig und einstimmig" nominiert, teilte der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber mit.
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Merkel und Stoiber: Applaus der Spitzengremien
Berlin - Die Präsidien von CDU und CSU nominierten die 50-Jährige in Berlin einstimmig als Kanzlerkandidatin. Wie SPIEGEL ONLINE erfuhr, schlug Stoiber Merkel gleich zu Beginn als Kanzlerkandidatin vor, worauf die versammelte Runde mit Applaus reagierte.
Merkel betonte bei einer Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus, sie freue sich auf den gemeinsamen Wahlkampf. Bei der Sitzung der beiden Parteipräsidien habe ein Geist der Freundschaft und der Gemeinsamkeit geherrscht. Ihr Hauptziel sei die Schaffung von Arbeitsplätzen. Die CDU-Chefin fügte hinzu, dass Deutschland keine Agenda 2010 mehr benötige, so richtig einzelne Schritte auch gewesen seien: "Wir brauchen eine Agenda Arbeit." Die Bilanz von Rot-Grün sei verheerend: Über all dem stehe die "bedrückende Zahl von fünf Millionen Arbeitslosen". Um im Wettbewerb bestehen zu können, "müssen wir schneller, flexibler, besser sein", sagte Merkel.
Merkel kündigte für den Fall eines Wahlsiegs der Union eine große Steuerreform an. Weitere Ziel seien der Abbau von Bürokratie und die stärkere Abkoppelung der Sozialbeiträge von den Löhnen, eine grundsätzliche Reform der Pflegeversicherung und der Abbau der Massenarbeitslosigkeit. Diese Bereiche "markieren das Raster eines konsequenten Reformwegs für Deutschland, und das wird auch das Rückgrat für unser Wahlprogramm sein", sagte Merkel.
Es geht nicht um Karrieren, nicht um "Er oder ich oder sie", fügte Merkel hinzu und bezog sich damit auf einen Wahlkampf, in dem die SPD möglicherweise auf eine starke Personalisierung und die Popularität von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) setzt. "Wir wollen Deutschland dienen. Ich will Deutschland dienen", sagte Merkel.
"Rot-Grün hat abgewirtschaftet"
Merkel habe das volle Vertrauen und die volle Unterstützung von CDU und CSU, betonte Stoiber. Er begründete es unter anderem mit den "großartigen" Wahlerfolgen der Union wie jüngst in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Die vorgezogenen Neuwahlen seien "das Beste, was Deutschland passieren kann". Denn "Rot-Grün hat abgewirtschaftet", sagte Stoiber.
Merkel ist damit offiziell zur Herausforderin von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bei der für Mitte September geplanten Neuwahl des Bundestags - und sie könnte damit die erste Kanzlerin in der Geschichte der Bundesrepublik werden.
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christoph Böhr sprach vor den Beratungen von einem glücklichen Tag für CDU und CSU. Merkel sei als Kanzlerkandidatin "konkurrenzlos" und "unumstritten". Zugleich warnte Böhr vor einer Fortsetzung des Steuerstreites: "Wenn wir so weitermachen, verspielen wir noch den Wahlerfolg." Der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus sprach von einem "historischen Tag". Er sei begeistert, dass es nach Jahren der Diskussion jetzt gelinge, eine Kanzlerkandidatin noch dazu aus den neuen Ländern zu nominieren. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos antwortete auf die Frage, wie er die Nominierung Merkels empfinde: "Fantastisch."
Stoiber hatte die Union 2002 als Kanzlerkandidat in die Wahl geführt, bei der CDU und CSU knapp scheiterten. Beide Parteien wollen nun bis Mitte Juli ein gemeinsames Wahlprogramm erarbeiten.
Glos hatte zuvor in der ARD gesagt, neben Merkel werde Stoiber eine "führende Rolle" einnehmen. Es sei jedoch Stoibers persönliche Entscheidung, ob er seine Verantwortung von München aus wahrnehme oder einer Berufung ins Kabinett nach Berlin folge.
Quelle:Spiegel.de