Windows Longhorn - Was kommt da auf uns zu

  • Quelle CT

    Erstmals präsentierte Microsoft eine Vorabversion des Nachfolgers von Windows XP, die nicht mehr nur als Designstudie einzustufen ist. Stattdessen zeigt die Pre-Beta-Version des Betriebssystems mit dem Codenamen „Longhorn“ schon recht deutlich, wohin die Reise geht.

    Auf der Entwickler-Konferenz „Windows Hardware Engineering Conference“ (WinHEC), die im April in Seattle, Washington, stattfand, zeigte der Softwareriese, wie weit er mit dem Nachfolger von Windows XP ist. Zwar hat Longhorn (eigentlich der Name für ein Langhornrind) entgegen ursprünglichen Vermutungen noch nicht das Beta-Stadium erreicht, steht jedoch kurz davor. So ist die auf der WinHEC präsentierte Pre-Beta-Version auch nicht mehr wie früher gezeigte Vorabversionen als Designstudie einzustufen.

    Dieser Artikel zeigt die wichtigsten Änderungen aus Anwendersicht, während sich die beiden nachfolgenden Artikel mit tiefer gehenden technischen Details befassen - immerhin ist die gezeigte Vorabversion vor allem für Entwickler gedacht.

    Zahlenspiele
    Den aktuellen Entwicklungsstand kennzeichnet Microsoft mit so genannten Build-Nummern. Die fortgeschrittenste auf der WinHEC gezeigte Version war Build 5060, die die Anwesenden jedoch nicht mit nach Hause nehmen durften - als Mitbringsel gab es stattdessen das etwas ältere Build 5048 jeweils als 32- und als 64-Bit-Version. Die verfügt noch nicht über alle Funktionen der 5060, enthält aber dennoch schon viele spannende Neuerungen.

    Dass die Build-Nummer im Vergleich zur letzten öffentlich erhältlichen Vorabversion von Longhorn (Build 4074 [1]) um fast tausend Nummern gestiegen ist, heißt übrigens nicht, dass es so viele Zwischenversionen gegeben hätte. Stattdessen dürfte vielmehr der Wechsel der Code-Basis dahinter stecken: Handelte es sich bei den ersten Designstudien noch um Weiterentwicklungen von Windows XP, verwenden die Microsoft-Programmierer jetzt den Server 2003 als Grundlage. Eine der Folgen ist, dass viele Neuerungen, die im Build 4074 zu sehen waren, im Build 5048 wieder fehlen, so etwa Outlook Express 7, das in einer Vorabversion im Build 4074 zu finden war, während die aktuelle 5048 wieder die alte Version 6 enthält. Auch die platzverschwendende Sidebar auf dem Desktop ist wieder verschwunden. Stattdessen gibt es aber vieles andere neu zu entdecken.

    Rauf damit
    Die Installation läuft einfach und recht schnell ab: Von der DVD booten, Product-Key eingeben, EULA abnicken, Installationsort und Computername auswählen und das war es dann auch fast schon. Das Setup-Programm selbst benutzt wie schon frühere Longhorn-Vorabversionen eine Image-Technik, kopiert also alle nötigen Daten nicht Datei für Datei, sondern in einem Durchlauf auf die Platte. Danach folgt noch die Hardwareerkennung, und dann gibt es auch schon den Desktop zu sehen.

    Alternativ kann man die Installation auch aus einem laufenden Windows heraus anstoßen, das klappt allerdings nicht mit älteren Versionen: Unter Windows 9x scheitert dieser Versuch. Auch die bei XP noch unterstützte Installation von DOS aus durch das Starten von Winnt.exe ist bei Longhorn nicht mehr möglich.

    Die Hardwareanforderungen klingen recht hoch, könnten aber beim Erscheinen von Longhorn als moderat gelten - immerhin wird die finale Version frühestens für Mitte 2006 erwartet, und das Einhalten von Terminen gilt nicht unbedingt als eine von Microsofts Stärken. Build 5048 jedenfalls verlangt nach einem ACPI-Rechner mit mindestens 6 GByte freiem Festplattenplatz und 256 MByte RAM (die 64-Bit-Variante braucht 512 MByte RAM). Die Release-Notes empfehlen außerdem eine DirectX-9-kompatible Grafikkarte, obwohl Longhorn auch ohne läuft - dann allerdings ohne die neuen Grafikeffekte, von denen noch die Rede sein wird. Zum Prozessor macht Microsoft keine Angaben, in der c't-Redaktion reichte jedoch ein älterer Pentium III mit 800 MHz, um Longhorn ausreichend fix zu betreiben - auf Multi-GHz-Maschinen war es kaum schneller.

    Start me up
    Sind auf dem PC noch weitere Windows-Versionen installiert, gibt es die erste Neuerung schon zu sehen, noch bevor Longhorn überhaupt startet: Ein zusätzliches Bootmenü. Hier taucht unter dem just installierten Longhorn als zweiter Menüpunkt lediglich noch „Legacy (pre-Longhorn) Microsoft Windows Operating System“ auf, hinter dem sich dann das altbekannte Auswahl-Menü des Windows-XP-Bootmanagers findet.

    Mit dem neuen Bootloader will Microsoft ein altes Problem lösen: Sobald jemand physikalischen Zugriff auf einen Rechner hat, kommt er auch an alle Daten heran, spätestens wenn er die Festplatte kurzerhand in einen anderen PC einbaut. Dagegen hilft nur Verschlüsseln, was auch mit Windows XP klappt - jedoch nicht mit allen Dateien. So bleiben beispielsweise die Auslagerungsdatei, in die Windows Daten aus dem Arbeitsspeicher auslagert, sowie die Hyberfil.sys, die im Ruhezustand ein Abbild des RAM enthält, stets unverschlüsselt. Abhilfe soll das vollständige Verschlüsseln der Partition schaffen, und damit Longhorn dennoch startet, muss ein neuer Bootloader her.

    Die kommende Verschlüsselung funktioniert nur mit NTFS. Entsprechend lässt sich Build 5048 auch nur auf Partitionen installieren, die mit diesem Dateisystem formatiert sind. FAT32-Partitionen akzeptiert das Setup nicht mehr als Ziel, nach der Installation klappt der Zugriff auf so formatierte Laufwerke aber noch.

    In Build 5048 hat Microsoft diese Verschlüsselung übrigens noch nicht eingebaut, obwohl der neue Bootloader bereits vorhanden ist. Mehr zu der Verschlüsselung auf Seite 114.

    Neues Outfit
    Nach dem Hochfahren präsentiert sich Longhorn mit einem neuen, recht unspektakulären Desktop-Outfit namens Aero. Von den versprochenen Designneuerungen ist nur wenig zu sehen. So fällt zunächst nur der nun halbtransparente Rahmen um das Startmenü auf.

    Etwas mehr gibt es zu sehen, wenn man das Programm C:\Windows\System32\uxss.exe startet. Das produziert zwar eine Fehlermeldung, doch solange man die nicht wegklickt, haben alle Fenster eine durchscheinende Titelzeile. Außerdem blendet Windows sie nun mit neuen Effekten ein: Mal drehen sie sich in den Vordergrund, mal gleiten sie aus ihrer Titelzeile heraus.

    Auf der WinHEC zeigt Microsoft noch weitere Neuerungen, die allerdings im Build 5048 fehlen. So sollen sich in der finalen Version von Longhorn entsprechend programmierte Anwendungen hochauflösend skalieren lassen. In einer Demo blies Microsoft beispielsweise den mitgelieferten Rechner auf ein Vielfaches auf, ohne dass das Programm-Fenster dabei aufpixelte. Das ist bei Standardauflösungen auf handelsüblichen Monitoren zwar eher nutzlos, doch ganz anders bei modernen Notebooks, die mitunter eine hohe Auflösung von 1600 x 1200 auf einem kleinen 15-Zoll-Display unterbringen. Wer da den Rechner nutzen will, braucht schon gute Augen - oder eben die stufenlose Vergrößerung.

    Das für solche Effekte nötige grafische Subsystem Avalon fehlt laut Microsoft jedoch im Build 5048 [2] und so verwundert es wenig, dass es nur die wenigen erwähnten neuen Effekte zu sehen gibt.

    Aufgeräumter Schreibtisch
    Der Desktop präsentiert sich mit nur wenigen Änderungen. Taskleiste, System-Tray und Startmenü sind am gewohnten Platz, und auf dem Desktop selbst ist wie bei XP nur das Symbol für den Mülleimer zu finden. Doch bei genauerem Hinsehen finden sich diverse Neuerungen.

    So erleichtert ein Eingabefeld die Suche nach Einträgen im Startmenü: Sind zumindest einzelne Bestandteile eines Programmnamens bekannt, kann man die hier eintippen, woraufhin Longhorn alle Einträge ausfiltert, in denen das Eingetippte nicht vorkommt. Des Weiteren klappt bei einem Klick auf „All Programs“ nun nicht mehr rechts ein Untermenü aus. Stattdessen ersetzt Longhorn die Liste der am häufigsten benutzten Programme mit dem Programme-Untermenü. Ein Klick auf „Back“ macht das wieder rückgängig.

    Im Startmenü fallen einige besonders gut aussehende Symbole auf: Bei den Menüpunkten Eigene Dateien, Eigene Musik und Eigene Bilder liegen die Icons nicht als Bitmaps, sondern als Vektorgrafik vor. Ihr Vorteil: Sie lassen sich stufenlos vergrößern und sehen auch bei großem Zoomfaktor noch gut aus. Ausnutzen lässt sich das im Explorer, wo die Icon-Größe mit einem Schieberegler frei wählbar ist.

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