Streit um «Hartz-Tricks» und Mehrkosten

  • Berlin (dpa) - Der Streit um drohende Milliarden-Mehrkosten durch die Hartz-IV-Arbeitsmarktreform wird schärfer. Der Städte- und Gemeindebund wies Vorwürfe der Bundesregierung zurück, Kommunen hätten getrickst und so dem Bund Mehrkosten aufgebürdet.

    Die Kritik von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sei unberechtigt. Die Kommunen hielten sich an das Gesetz und meldeten nur erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger, erklärte der Städte- und Gemeindebund am Dienstag. Beim Deutschen Städtetag war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

    Das Finanzministerium und SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter nannten unterdessen Berichte «wilde Spekulation», wonach der Bund in diesem Jahr bis zu 6,4 Milliarden Euro mehr an Empfänger des neuen Arbeitslosengeldes II zahlen müsse als geplant. Es sei zu früh für «irgendwelche Horrorszenarien», hieß es. Schon seit längerem wird über Mehrkosten zwischen vier bis sechs Milliarden Euro spekuliert.

    Die Zahl der Empfänger des neuen Arbeitslosengeldes II ist bisher weit höher als unterstellt. Die Bundesregierung, die bei den anstehenden Revisionen erhebliche Korrekturen nach unten erwartet, wirft Städten und Gemeinden vor, die Verantwortung für viele, bisher von ihnen unterstützte Sozialhilfeempfänger auf den Bund verlagert zu haben. Diese seien von Kommunen zu Unrecht als erwerbsfähig eingestuft worden. Stichproben hätten ergeben, dass selbst Koma- Patienten, Aids- und Suchtkranke sowie Obdachlose oder Untersuchungshäftlinge als arbeitsfähig deklariert worden seien. Wirtschaftsminister Clement sagte der «Financial Times Deutschland», «wir sind schon erstaunt über die vielen Menschen, die dem Bund zum Hartz-IV-Start von den Kommunen zugewiesen wurden».

    Zum 1. Januar wurden Arbeitslosen- und Sozialhilfe für mehr als vier Millionen Langzeitarbeitslose zum Arbeitslosengeld II (ALG II) zusammengefasst. Als erwerbsfähig gilt jeder, der zwischen 15 und 65 Jahre alt ist und mindestens drei Stunden arbeiten kann. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums ist die Zahl derjenigen, die statt Sozialhilfe ALG II erhalten, deutlich höher ausgefallen als erwartet. Für den 1. März ist eine erste Revision geplant.

    Die Kommunen sollen durch die Hartz-IV-Reform um 2,5 Milliarden Euro pro Jahr entlastet werden. Der Städtetag ging zuletzt davon aus, dass die Belastung der Kommunen durch die Unterkunftskosten höher ausfällt als angenommen und der Bund seinen Anteil von 3,2 Milliarden Euro bei der März-Revision anheben muss. Clement sagte, der Bund werde deutlich weniger zahlen, weil die Kommunen sehr viel mehr Sozialhilfeempfänger überwiesen hätten. «Auch die Wohnungskosten liegen aufs Ganze gesehen deutlich niedriger als angenommen.»

    Bisher sind im Haushalt von Finanzminister Hans Eichel (SPD) für das ALG II rund 14,6 Milliarden Euro veranschlagt. Allein im Januar sind 1,834 Milliarden Euro fällig geworden. Die «Süddeutsche Zeitung» hat diesen Betrag auf das Jahr hoch gerechnet und kam auf eine Summe von 22 Milliarden Euro. Zugleich könnte der Bund bei den Kosten für Unterkunft und Heizung - im Januar waren es 186 Millionen Euro - bei hoch gerechnet 2,2 Milliarden eine Milliarde sparen. Unterm Strich ergäben sich Mehrkosten von 6,4 Milliarden Euro. Im Finanzministerium hieß es, es sei eine «alt bekannte Tatsache», dass von einem Monatsergebnis nicht auf das ganze Jahr geschlossen werden könne.

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