Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien, Mohammed el Baradei, hält die Gefahr eines Atomkriegs für "noch nie so groß wie heute. Ein Atomkrieg rückt näher, wenn wir uns nicht auf ein neues internationales Kontrollsystem besinnen", sagte Baradei in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel".
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"Exportkontrollen haben völlig versagt"
Der ägyptische Diplomat zeigte sich besonders beunruhigt über neue Erkenntnisse zu einem illegalen Handel mit Nukleartechnik: "Es ist ein atomarer Schwarzmarkt entstanden, vorangetrieben von einer fantastischen Cleverness. Da werden in dem einen Land Pläne gezeichnet, in einem anderen Zentrifugen produziert, die über einen dritten Staat verschifft werden - an einen unklaren Endabnehmer. Beteiligt sind geschäftstüchtige Nuklearexperten, skrupellose Firmen, womöglich auch Staatsorgane. Offensichtlich haben die internationalen Exportkontrollen in den letzten Jahren völlig versagt."
Pakistan, Indien und Israel nicht an Bombenbau gehindert
IAEO-Chef Mohamed el Baradei (Foto: dpa)
"Ich habe Angst davor, dass Atomwaffen in die Hände von Diktatoren oder Terroristen fallen," sahte el Baradei. Man müsse zugeben, dass die IAEO-Kontrolleure "es nicht geschafft haben", Pakistan, Indien und Israel "an der Entwicklung der Bombe zu hindern".
US-"Mini-Nukes" könnten Hemmschwelle senken
Auch die von den USA derzeit entwickelten so genannten taktischen "Mini Nukes" könnten die Hemmschwelle für einen nuklearen Vernichtungsschlag senken. Baradei kritisiert das amerikanische Bemühen, die Abrüstungsmaßnahmen anderer Nationen zu beaufsichtigen: "Für so was ist meine Behörde verantwortlich und niemand anders."