Nicht nur die Branchengrößen, auch der Programmierernachwuchs präsentiert sich bei der Leipziger Games Convention. Die Schüler der "Games Academy" aus Berlin können bei der Messe jetzt lang erhoffte Erfolge vermelden: Der erste Deal mit der Industrie steht.
Thomas Dlugaiczyk ist erschöpft aber glücklich. Die Games Convention, Europas größte Spielemesse, ist gerade zwei Tage alt, und doch hat Dlugaiczyk, Gründer der "Games Academy", schon mehr erreicht, als er hoffen konnte. Renommierte Größen, alte Haudegen der internationalen Spieldesignerszene haben sich die Arbeiten seiner Studenten vorführen lassen und dann höchst Lobendes in das eigens angeschaffte Gästebuch geschrieben.
Soeben hat er verkünden können, dass eines der Studentenprojekte samt Entwicklerteam von einem Spielehersteller übernommen werden und zur Marktreife gebracht werden soll. Und einer der drei großen Hersteller von Spielkonsolen, Nintendo, hat sich bereit erklärt, der "Games Academy" jetzt die Hardware zur Verfügung zu stellen, die notwendig ist, um Konsolenspiele zu entwickeln. Bislang stand nur eine Ausbildung an PC-Systemen auf dem Stundenplan.
Die guten Nachrichten prasseln also nur so herab auf die "Academy", Deutschlands zwar nicht mehr einzige aber immer noch erste Ausbildungsstätte für Spieleprogrammierer. Die erfreulichen Neuigkeiten kommen zu einem passenden Zeitpunkt - denn eben erst entdeckt man in Deutschland, dass man mit Computer- und Videospielen richtig Geld verdienen kann.
Die Tages- und Wochenpresse überbietet sich plötzlich mit Warnungen, man könne den Anschluss an einen gigantischen Wachstumsmarkt verpassen. Deutschland ist nach den USA und Japan, zumindest nach manchen Statistiken, der drittgrößte Games-Markt. Jetzt soll endlich gut verdient werden an den bislang so gern als jugendverderbend verteufelten Spielen.
Der Name des Erfurter Amokläufers Robert Steinhäuser fällt nicht mehr im Zusammenhang mit Videospielen, eher schon Begriffe wie "Unterhaltungsmedium der Zukunft". Nur: Für das Herstellen dieser Medien braucht man Fachkräfte, und die bilden Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland nicht aus. Während in den USA "Game Design" schon auf so manchem College-Stundenplan steht, wird der Nachwuchs hierzulande von privat gegründeten Schulen wie der - staatlich anerkannten - "Games Academy" gepäppelt.
Deren Studenten dürfen sich am Ende "Game Designer" oder "3-D Progammierer" nennen, nach drei bis fünf kostenpflichtigen Semestern, in denen sie nicht nur Zeichnen und Programmieren lernen sondern auch Projektplanung, Organisation, Präsentation und Physik.
Eine Jobgarantie gibt es am Ende nicht - aber die Chancen sind gut, immerhin handelt es sich ja um einen Wachstumsmarkt. Und wer Glück hat, dem geht es wie dem Studententeam "Ilinx Games": Dessen Projekt bleibt keine beeindruckende Fingerübung in 3 D, sondern wird zu einem marktreifen Spiel weitergeführt.
"Metrocab" heißt das Spiel, das nun in Zusammenarbeit mit der Firma Exozet Games zu einem Vollpreis-Produkt ausgebaut werden soll. Ursprünglich war es eine Hommage an einen C64-Klassiker namens "Space Taxi", in dem der Spieler ein fliegendes Autos steuert und dabei winzige Pixelhäufchen einsammelt, die ständig "Hello, Taxi!" rufen. Die Häufchen wollen von einer Plattform zu Plattform transportiert werden; das Taxi darf möglichst nicht zerschellen.
Das "Metrocab" dagegen fliegt durch eine ausgefeilte dreidimensionale Welt, die an Luc Bessons "Das fünfte Element" erinnert. Und aus dem einfachen Cabbie soll in der Endversion nun ein Kämpfer für das Gute werden, der nicht nur Fahrgäste transportiert sondern später auch extraterrestrischen Verschwörungen auf die Spur kommt.
Was auch immer aus "Metrocab" am Ende wird - für seine Schöpfer ist der Sprung ins Spielbusiness jedenfalls geschafft. Nur so kann es aufwärts gehen mit dem Gamestandort Deutschland.
Aus Leipzig berichtet Christian Stöcker
Quelle:spiegel.de
Link:http://www.spiegel.de/netzwelt/netzk…,370476,00.html
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