04.03.2005 - Hirnforschung
Spezialisierte Nervenzellen erkennen die Richtung, in die sich ein Objekt bewegt
Richtungen und Winkel auf Bildern werden im Gehirn von spezialisierten Gruppen von Nervenzellen eingeschätzt. Diese Neuronengruppen können sich an die Wahrnehmung ähnlich ausgerichtete Bilder gewöhnen und dadurch gewissermaßen ermüden. Da ihr Signal nun fehlt, können beim Betrachten eines neuen Bildes die Signale anderer Neuronen überwiegen, so dass das Bild im falschen Winkel erscheint. Das haben Wissenschaftler um Sheng He von der staatlichen Universität von Minnesota in Twin Cities herausgefunden, als sie untersuchten, wie Testpersonen den Drehwinkel von Gesichtern, Autos und Strichzeichnungen wahrnehmen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der Fachzeitschrift Neuron (Bd. 45, Seite 793).
Die Forscher zeigten den Testpersonen auf einem Computerbildschirm Bilder unter verschiedenen Blickwinkeln. Die Getesteten mussten den Betrachtungswinkel beispielsweise eines Gesichtes beschreiben. In einem Versuch drehten die Psychologen das Computer-Gesicht um 30 Grad links zur Seite. Nach einem Zeitraum zur Gewöhnung an den Blick spielten sie plötzlich ein Bild mit Frontalansicht ein. 80 Prozent der Versuchspersonen erschien darauf das Gesicht nach rechts gedreht. Selbst wenn das zweite Bild noch um drei Grad nach links gedreht war, beschrieben noch 50 Prozent der Probanten das Bild als rechtsgedreht.
Diese Fehleinschätzung führen die Forscher auf einen Gewöhnungseffekt zurück: Die Neuronengruppe, die das 30-Grad-Gesicht wahrnimmt, ermüdet in der Wahrnehmung ähnlich ausgerichteter Bilder. So überwiegen die Signale anderer Neuronen, so dass ein falscher Eindruck entsteht. Die Neuronengruppen sind demzufolge bei der Bildverarbeitung im Gehirn für sehr spezifische Winkelbereiche zuständig, folgert der Psychologe He. Den Ort dieser Gehirnleistung vermutet er in einem Teil des visuellen Cortex. Diese Gruppen sind aber nicht örtlich fein voneinander getrennt, sondern ineinandergreifende Gehirnstrukturen. Mit der funktionellen Magnetresonanztomographie will er nun die Anregungsmuster im Gehirn beim Betrachten von gedrehten Objekten direkt messen.
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