Ein Fernsehkanal, der den ganzen Tag nur über Spiele berichtet und selbst zum Spielen einlädt -- so wie er in anderen Ländern der EU bereits munter sendet --, wäre das kein tolles Mittel, um Spiele-Muffel an das Thema heranzuführen und die Games-Branche in Deutschland aus der Schmuddelecke zu führen? So sehen es offenbar hochrangige Vertreter der Videospiel-Industrie, die am gestrigen Montag auf Einladung des Hightech Presseclubs in Hamburg zusammengekommen waren. Martin Bachmeyer, bei Microsoft Deutschland für die Xbox zuständig, verriet, dass mit einem Berliner Musiksender zurzeit Gespräche geführt werden und vielleicht bereits im kommenden Jahr im Startschuss für ein solches TV-Projekt münden könnten.
"Ein Problem ist, dass alle über die Egoshooter reden und nicht über unsere anderen Produkte. Dabei machen Shooter nur drei Prozent unseres Angebots aus", beschwerte sich Jens Uwe Intat vom Spielepublisher Electronic Arts. Schuld daran trügen ganz besonders die Medien, die sich in ihrer Berichterstattung auf die Shooter eingeschossen hätten. Die Medienberichte nach dem Massaker in einer Erfurter Schule im Jahr 2002 seien nur ein Beispiel. "Da werden Dinge in einen kausalen Zusammenhang gestellt, die nichts miteinander zu tun haben", kritisierte Intat.
Einig waren sich Intat, Bachmeyer sowie ihre Kollegen von Nintendo, Samsung und Elkware auch in ihrer Kritik der herrschenden Moral in Deutschland. "Spiele sind nicht gesellschaftsfähig in Deutschland. Die Generation, die mit Atari-Spielen aufgewachsen ist, hat die Konsolen weggeschlossen und spielt nur heimlich am PC", sagte Bernd Fakesch, Deutschlandchef bei Nintendo. Das sei ein wichtiger Grund dafür, dass der Konsolenabsatz in Deutschland sogar hinter dem in Spanien zurückgefallen sei, der PC-Games-Absatz hierzulande aber vergleichsweise stark sei.
Reichlich absurd finden Fakesch und seine Kollegen, dass Fernsehen bei den Eltern hierzulande einen besseren Ruf habe als Videospielen. "Beim Fernsehen denken die Leute offenbar an die pädagogisch wertvollen Beiträge, Shows wie Holt mich hier raus, ich bin ein Star scheinen die Meinung nicht zu prägen", beklagte er. Verstärktes Engagement bei Lernspielen könnte hier Abhilfe schaffen -- "Vielleicht schaffen wir es, Video-Spiele salonfähig zu machen über die Hintertür Edutainment", schlug er vor.
Schwer getan hat sich die Spielebranche hierzulande bislang auch damit, weibliche Gamer zu gewinnen. Fast 85 Prozent der deutschen Spieler seien männlichen Geschlechts, konstatierten die Firmenvertreter. Ausnahmen wie beim Game Sims2, wo sich männliche und weibliche Spieler mit 50:50 die Waage halten, bestätigten die Regel. Dass die relative Abstinenz der Frauen vom Videospiel nicht genetisch bedingt sei, belegten Zahlen aus den USA oder Großbritannien, wo mehr als jeder dritte Gamer weiblich sei. In der Spielenation Südkorea, wo Strategiespiele ganze Stadien mit 25.000 Fans füllen, sei das Verhältnis gar ausgeglichen.
"Wir haben uns das selbst zuzuschreiben, dass in Deutschland so wenig Mädchen Video spielen", räumte Intat selbstkritisch ein. "Jungs programmieren Spiele für Jungs und Jungs vermarkten Spiele für Jungs", beschrieb er die Situation in der Branche. Hier müsse man von den Musiklabels lernen, die verstärkt Frauen eingestellt hätten, um weibliche Fans besser anzusprechen. Intat gestand gar: "Mädchen programmieren und vermarkten nicht nur Spiele für Mädchen, sondern für Menschen".