Weg is er, der "Kalif von Köln"/
Mann, das war aber eine schwere Geburt. Jahrelang versuchten die Stadt Köln und der Bund, den so genannten "Kalifen von Köln" in die Türkei abzuschieben. Nach einer Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts wurde er am gestrigen Abend in einen Flieger in die Türkei gesetzt. Inzwischen sitzt er woanders - in einem Knast in Istanbul.
Am 12.10. um 18.27 Uhr wird die Akte Metin Kaplan vorläufig geschlossen. In dieser Minute hob ein Jet mit dem Islamlistenführer in Richtung Istanbul ab. Nachdem das Verwaltungsgericht der Domstadt seinen Antrag auf Abschiebeschutz abgelehnt hatte ("Kaplan ist eine Identifikationsfigur des islamischen Extremismus. Es ist daher notwenig, seinen Aufenthalt zu beenden") und eine Beschwerde gegen das Urteil beim nächsthöheren Gericht nicht pünktlich einging, machte man Nägel mit Köpfen.
Um 22.15 Uhr wurde Kaplan von der türkischen Polizei in Empfang genommen. Gegen ihn liegt nämlich seit 1998 ein Haftbefehl vor. Er soll mit seinen Anhängern einen Anschlag auf die Begräbnisstätte des Türkei-Gründers Atatürk geplant haben, bei der auch die Regierungsriege Ankaras hätte umgebracht werden sollen. Da die Anklage deswegen auf Hochverrat lautet, wurde er in der Frühe von einem Richter verhört und sitzt zurzeit in U-Haft. Im Dezember wird ihm der Prozess gemacht. Sollte Kaplan verurteilt werden, droht ihm lebenslänglich.
Die deutschen Politiker sind froh, diesen "Klotz am Bein" endlich los zu sein. Allen voran Innenminister Schily, für den der Fall nun abgeschlossen ist. Das Urteil mache deutlich, "dass eine Person, die sich gegen die Rechts- und Verfassungsordnung stellt, in unserem Land nichts zu suchen hat." Allerdings müssten solche Entscheidungen zukünftig früher gefällt werden. Der Fall habe sehr lange gedauert.
Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Behrens freut sich und feiert einen "Sieg des Rechtsstaats und der Politik". Wenngleich Kaplan aus der Türkei noch Rechtsmittel gegen das Urteil anstrengen kann, hält er es für unmöglich, dass der radikale Prediger nach Deutschland zurückkehren wird.
Irak-Einsatz der Bundeswehr?
Verteidigungsminister Peter Struck schließt einen Einsatz der Bundeswehr im Irak nicht generell aus. Damit rückt erstmals ein Kabinettsmitglied von der Linie der Bundesregierung ab. Diese hatte bisher eine deutsche Beteiligung im Irak kategorisch ausgeschlossen.
"Ich schließe den Einsatz deutscher Soldaten im Irak jetzt aus. Aber generell wird keiner die Entwicklung im Land so vorhersehen können, dass er verbindliche Aussagen machen kann."
Diese zwei Aussagen, die Peter Struck in einem heute veröffentlichten Interview der Financial Times Deutschland tätigte, brachten den Stein ins Rollen. Es ist nicht anzunehmen, dass der Verteidigungsminster mit derartigen Aussagen nur andeuten wollte, dass er über keinerlei hellseherische Fähigkeiten verfügt. Vielmehr ist zu vermuten, dass damit das absolute "Nein" der Bundesregierung ein klein wenig aufgeweicht werden soll.
Die Reaktionen erfolgten sehr schnell: Bundeskanzler Gerhard Schröder schloss heute auf einer Kabinettssitzung eine Änderung der deutschen Irak-Politik aus, auch die Grünen haben sich nochmals eindeutig gegen einen Einsatz im Irak ausgesprochen. Der Verteidigungsminister äußerte sich indessen auf einer Pressekonferenz weniger endgültig. Auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen Deutschland Truppen entsenden würde, antwortete er: "Solche Fragen beantworte ich nicht, weil es sich von selbst versteht, dass man nicht sagt, unter welchen Bedingungen wir gehen." Die Zukunft wird zeigen, wie er das wieder gemeint hat...